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Was ist CoAct?

Citizen Social Science: Gemeinsam Handlungsmöglichkeiten gestalten

Das Projekt CoAct wird von der Europäischen Union im Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 finanziert. Im Rahmen von CoAct betreiben wir Partizipative Forschung. Diese Art von Forschung will gemeinsam mit Betroffenen soziale Probleme erkennen und Lösungsmöglichkeiten erarbeiten. So können etwa Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihre Angehörigen, Jugendliche ohne Arbeit, oder auch Bewohner*innen von und Aktivist*innen in Gebieten mit hoher Umweltbelastung die Forschung mitgestalten: von der Forschungsfrage über die Datensammlung und Interpretation bis zur Umsetzung in konkreten Maßnahmen. So werden sie Co-Forscher*innen in Prozessen, die sonst meist von akademischen Forscher*innen geführt werden. So sollen sie einen gleichberechtigten “Platz am Tisch” erhalten. Im Zuge dessen bringt CoAct auch sozialwissenschaftliche Methoden neu zusammen und entwickelt diese weiter, um den Anforderungen einer solchen Zusammenarbeit gerecht zu werden.

Wir nennen das Citizen Social Science!

Citizen Social Science kombiniert die gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Betroffenen und Akteur*innen, die ein soziales Anliegen teilen (Co-Forscher*innen) und akademischen Forscher*innen. Dieser Ansatz ermöglicht es mit Hilfe von robusten Forschungsmethoden, drängende soziale Probleme auf Augenhöhe und eingebettet in ihr soziales Umfeld anzugehen. Dadurch wollen wir gesellschaftlich relevantes Wissen schaffen.

Wie machen wir Citizen Social Science?

Die Forschungsgruppen werden Strategien auf lokaler Ebene entwickeln, um diese sozialen Herausforderungen sowohl wissenschaftlich als auch politisch angehen zu können. Auf Grundlage der praktischen Erfahrungen in den einzelnen Forschungsbereichen wollen wir Citizen Social Science als Forschungsansatz weiterentwickeln und das Wissen darüber offen teilen.

1. Thematische und lokale Einbettung

Wir arbeiten mit Organisationen der Zivilgesellschaft über viele geografische Regionen (Spanien, Österreich, Deutschland, osteuropäische Länder, Paneuropa und Argentinien) zusammen und behandeln vier soziale Themen: Psychische Gesundheit, Jugendbeschäftigung, Umweltgerechtigkeit und Geschlechtergerechtigkeit.

2. Betroffene Personen und Personengruppen als gleichberechtigte Stakeholder im Forschungsprozess

Die Teilnehmer*innen agieren während des gesamten Forschungsprozesses als Co-Forscher*innen. Das heißt, sie werden als kompetente Expert*innen vor Ort anerkannt, die - wenn sie das wünschen - in allen Phasen der Forschung gleichberechtigte Akteur*innen sind. Sie haben besondere Erfahrungen in Bezug auf gesellschaftliche Problemlagen, die in die Gestaltung unserer drei sogenannten “R&I Actions” (psychischer Gesundheit, Jugendbeschäftigung und Umweltgerechtigkeit) einfließen. “R&I” steht hierbei für “Research and Innovation”, also “Forschung und Innovation”. Durch Co-Design-Ansätze entwickeln die Co-Forscher*innen gemeinsam mit akademischen Forscher*innen die jeweiligen kollektiven Forschungsinstrumente (digital oder analog). Diese Instrumente sollen es ermöglichen, unterschiedliche Perspektiven und Standpunkte einzubeziehen. Unsere Co-Forcher*innen beteiligen sich an der Erhebung von Forschungsdaten oder führen in einigen Fällen die Datenerhebung selbst durch. Wann immer möglich bestimmen sie auch die Ziele der Forschung mit, beschreiben wie diese erreicht werden können, und beurteilen die Projektprozesse und Ergebnisse anhand dieser Maßstäbe. Sofern sie das wollen können die Teilnehmer*innen auch die neu entwickelten Forschungsinstrumente vorstellen und bewerben, bzw. an der Präsentation der Ergebnisse teilnehmen. Das heißt, die Betroffenen analysieren und interpretieren Forschungsdaten und bereiten sie für die Weiterverwendung auf. Diese Weiterverwendung kann einerseits durch sogenannte “Knowledge Coalitions” geschehen, die Teil jeder R&I Action sind und aus Interessensvertreter*innen im jeweiligen Themenbereich bestehen. Es kann aber auch bedeuten, dass die Teilnehmer*innen selbstbestimmte kollektive Aktionen starten. Sie sind Miteigentümer*innen der Forschungsdaten und -ergebnisse und können als Mitautor*innen aufgeführt werden, sofern sie bereit sind ihren Namen für (wissenschaftliche) Veröffentlichungen offen zu legen.

3. Zusammenarbeit auf Augenhöhe: Produktion robusten Wissens

Die “Knowledge Coalitions” setzen sich unter anderem aus Vertreter*innen der öffentlichen Verwaltungen, zivilgesellschaftlichen Organisationen, Bildungsorganisationen und Co-Forschenden zusammen. Obwohl an allen Forschungsprojekten Menschen aus verschiedenen Bereichen des jeweiligen sozialen Feldes beteiligt sind, variieren ihre Beteiligung und Zusammenarbeit je nach den geplanten spezifischen Maßnahmen in der R&I Action. Die Teilnahme der einzelnen Parteien der Knowledge Coalitions kann auf verschiedene Art erfolgen: Einen strukturellen Rahmen für die Forschung schaffen, am eigentlichen Forschungsprozess teilnehmen, Information über das jeweilige Problem teilen, oder bei der Diskussion und Umsetzung möglicher Lösungen mitwirken. Unabhängig von der Rolle schafft jede R&I Action ein Netzwerk zwischen den verschiedenen Akteur*innen und fördert den Austausch zwischen ihnen.

Dieser Ansatz ermöglicht es, robustes und damit gesellschaftlich relevantes Wissen zu schaffen, das sozialen Wandel fördert. Das Design der Forschung, die Erhebung der Daten und ihre Interpretation, sowie die gemeinsame Evaluation sollen ermöglichen, dass sich politische Entscheidungsträger und kollektive Aktionen auf robuste Belege stützen, die in ständigem Austausch mit Betroffenen und einer breiteren Öffentlichkeit entwickelt wurden.